
Sie arbeiten seit 2005 als Sprachtrainer. Welche wichtige Lektion fürs Leben haben Sie zuletzt gelernt?
Man kommt besser durchs Leben, wenn man sich so annimmt wie man ist, inklusive ungeliebter anerzogener Aspekte. Ich habe lange versucht meinen Wunsch, viel Geld zu verdienen, zu unterdrücken. Jetzt stehe ich dazu, mit dem zusätzlichen Wunsch, damit viel Gutes zu tun und schließlich arm zu sterben.
Sie verkleiden sich gern als Frau. Warum?
Es ist für mich Show und ein politisches Statement, mit dem ich Geschlechterrollen hinterfrage, mich von der mir auferlegten Form von Männlichkeit befreie und andere Männer dazu bringen möchte sich mit ihren weiblichen Elementen zu konfrontieren – die viele so oft unterdrücken.
Worauf achten Sie, wenn Sie jemandem zum ersten Mal begegnen?
Ich bin neugierig auf das, was mein Gegenüber zu sagen hat und, was ich von ihm oder ihr lernen kann. Da finde ich immer etwas Gutes, auch wenn wir noch so unterschiedlich sind.
Sie sind aus Argentinien, haben 55 Länder bereist, leben in Wien. Was bedeutet für Sie zuhause?
Dort, wo ich mich wohl fühle. Und das kann auch an Orten sein, an denen mir alles fremd ist.
Wie wäre ein Mensch, der das Gegenteil von Ihnen ist?
Ein von Routinen besessener, asozialer Mensch, der nicht neugierig ist, sich in seiner Gruppe bewegt und das dort Gesagte wiederholt.
Was würden sie zusätzlich tun, wenn ihr Tag 25 Stunden hätte?
Meditieren, um Klarheit zu erlangen und meine Prioritäten zu ordnen. Außerdem: Sport machen, lesen und an meinen Projekten arbeiten.
Welche gute Tat kann jede:r hierzulande heute noch tun?
Egal welche, wichtig ist es, Dinge zu tun, um anderen zu helfen, so gut man kann. Man sollte sich nicht vom Gedanken entmutigen lassen, dass es nicht ausreicht! Und: Es ist nie zu spät, damit anzufangen.
Nicolás Ramallo, 42, kommt aus Argentinien. Mit 19 zog er nach Spanien, jobbte und lernte Deutsch, weil er eine Herausforderung wollte. Dann studierte er u. a. Sprachwissenschaft in Wien, wo er heute lebt. Ramallo spricht sechs Sprachen und unterrichtet Deutsch und Spanisch. Daneben ist es seine Berufung, einzelnen Personen und Gruppen in Not zu helfen, u. a. durch Spendenaktionen. Dabei unterstützt er auch queere Geflüchtete in Südsudan und Kenia. Er engagiert sich für die LBGTIQ+ Bewegung und geht auf Regenbogenparaden, weil sie Menschen Halt geben – vor allem dort, wo die Mehrheit extrem homophob ist. Eines seiner neuen Projekte ist die Online-Plattform „The right drop“, über die Künstler:innen Werke spenden können. Mit dem Verkaufserlös unterstützt Ramallo Menschen auf der ganzen Welt.